Arbeitstitel
Religion und Dis/ability:
Deutungen „geistiger Behinderung“ in christlichen und anthroposophischen Institutionen der „Behindertenhilfe“ und „Sozialtherapie“.
Zusammenfassung (Vorschau)
Das Thema des Dissertationsprojektes sind die Wechselwirkungen zwischen Religiosität und der Wahrnehmung von “geistiger Behinderung” auf individueller Ebene.
Zunächst geht es in der Arbeit auf einer deskriptiven Ebene um die Fragen:
- Welche Bedeutung haben die Einrichtungen konfessioneller “Behindertenhilfe”/”Sozialtherapie” für die Selbstwahrnehmung bzw. für das Behinderungsverständnis derjenigen, die mit “geistiger Behinderung” in diesem Feld konfrontiert sind? Und:
- Welche Auswirkungen haben das Erleben von und die Auseinandersetzung mit “geistiger Behinderung” für religiöse Konzepte und Praktiken bei den in die entsprechenden Institutionen involvierten Personen?
Auf der Grundlage mehrerer Fallstudien werden interpretativeThesen darüber entwickelt, wie sozial implementierte Devianz (hier “geistige Behinderung”) durch religiöse Zusammenhänge erzeugt bzw. gedeutet und zum Ausgangspunkt für religiös-normative Entwicklungen gemacht wird. Dadurch werden die beschriebenen Einzelfälle für einen weiteren systematischen Zusammenhang nutzbar gemacht.
Gegenstand der Untersuchung sind ausgewählte Institutionen der christlichen “Behindertenhilfe” und anthroposophischen “Sozialtherapie” bzw. die in sie involvierten Personen mit ihren religiösen Aufassungen und behinderungsbezognen Deutungen.
Die leitende Grundannahme für die Konzeption der Arbeit ist, dass es sich bei “geistiger Behinderung” um ein “Label” für intellektuelle und verhaltensmäßige Devianz handelt, deren spezifische Konstruktion von sozio-kulturellen Bedingungen abhängig ist.
Das Feld der “Behindertenhilfe” in Deutschland wird seit jeher zu wesentlichen Teilen von anthroposophischen, katholischen und protestantischen Verbänden getragen. Ihre Institutionen sind hier daher bedeutende Komponenten dieser Bedingungen. Es ist daher sowohl aus quantitativen wie auch aus historischen und qualitativen Gründen relevant, danach zu fragen, welche Bedeutung diesem Umstand für die Wahrnehmung von „geistiger Behinderung“ und den Träger*innen dieses Labels zukommt.